Schneidige Eleganz – Die Juppe

Ein Werkstattbesuch in der Juppenwerkstatt Riefensberg in Vorarlberg/ Österreich.

 „Wir als Gemeinde stehen natürlich hinter dieser wichtigen kulturellen Einrichtung und versuchen nach Kräften das Handwerk, die Tracht, das Ganze mit unseren Leiterinnen der Juppenwerkstatt aktiv zu halten, modern auch zu gestalten, Infrastruktur bereitzustellen.“

                     Ulrich Schmelzenbach, Bürgermeister der Gemeinde Riefensberg

Die Bregenzerwälder Frauentracht – die Juppe – ist eine der ältesten und schönsten Trachten im Alpenraum. Bei der aufwendigen Herstellung dieser Tracht kommen alte Handwerkstechniken und Maschinen zum Einsatz. Dass die Juppe in Vorarlberg noch in ihrer ursprünglichen Form existiert und getragen wird, dazu braucht es Handwerkswissen, Spezialisierung, vor allem aber eine besondere Haltung.

Im Juni 2021 konnte ich die Juppenwerkstatt Riefensberg besichtigen. Ganz in der Tradition des Hauses wurde zuerst bei Kaffee und Kuchen besprochen, wie das Interview und die Besichtigung der Juppenwerkstatt ablaufen sollten. Vielen Dank für den netten Empfang mit einer ganz besonderen Führung durch die Werkstatt und die Trachtennäherei!

Im Podcast hören Sie:

  • Ulrich Schmelzenbach, Bürgermeister der Gemeinde Riefensberg
  • Martina Mätzler, Leiterin der Juppenwerkstatt Riefensberg
  • Marlene Simma, Produktionsleiterin der Juppenwerkstatt Riefensberg

Wie sehen die  aufwendigen Arbeitsschritte, die zur Herstellung der Bregenzerwälder Frauentracht nötig sind, aus? Wer darf die Juppe tragen? Welche unterschiedlichen Modelle gibt es? Wie teuer ist eine Bregenzerwälder Tracht? Und was ist bei der Aufbewahrung der Juppe zu beachten?

Das erfahren Sie, wenn Sie den Podcast hören. Viel Spaß!

Hier finden Sie Fotos sowie weitere Informationen zur Bregenzerwälder Frauentracht und zur Juppenwerkstatt Riefensberg:
https://www.juppenwerkstatt.at/

Ausschnitte aus dem Interview

Martina Mätzler
Unsere Tracht stammt aus der spanischen Mode, 15./ 16. Jahrhundert und da war die Farbe Schwarz sehr elegant dem Hochadel eigentlich vorbehalten. Aber die Bregenzer Frau ist eine sehr selbständige Frau sehr selbstbewusst und sie hat dann die Farbe Schwarz für ihre Tracht verwendet. Schon im 17. Jahrhundert war in Schwarzenberg eine Schwarzfärberei. Also man kann hier genau nachvollziehen, wie lang hier schon unsere Juppe eigentlich schon schwarz hergestellt wird. Man hat im Bregenzerwald Flachs angebaut, die Frauen haben es selber gewebt, mussten dann zum Färber oder Schwärzer gehen, dass dieser Stoff gefärbt wird und geleimt. Sie haben dann den Stoff selber wieder geholt und haben ihn geglästet und gefältet. Bis diese Maschinen, die wir hier haben, dann in Betrieb genommen wurden.

„Unsere Tracht zeichnet dieser wunderschöne irisierende Glanz aus.“

   Martina Mätzler

Martina Mätzler
Ich bin Martina Mätzler, Leiterin der Juppenwerkstatt in Riefensberg  Zu dieser Funktion kam ich im Jahre 2002, wo der Herr Fitz aus Egg, der letzte Juppenfärber im Bregenzerwald, mir dieses Juppenfärben und Leimen gezeigt hat. Das waren die Anfänge der Juppenwerkstatt. Die Juppenwerkstatt wurde am 26. Mai 2002 eröffnet und da haben wir in dem Jahr schon das erste Mal gefärbt. Es war eine  Mordsprozedur, dass wir diese Juppenfärberei hierher bekommen haben. Da wurde das ehemalige Gasthaus Krone, das Wirtschaftsgebäude umgebaut und unten haben wir dann die Juppenwerkstatt, wo die Juppe – das ist der Rock der Bregenzerwälder Frauentracht – hergestellt wird.

Und wie es dazu gekommen ist, war eine ganz schwierige Aufgabe. Der Herr Fitz hat eigentlich dieses Handwerk aussterben lassen wollen. Ich komme aber aus dem Textilbereich und man hat mich immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Juppe weiterleben sollte.

Und dann hab ich mich zwei-, dreimal in Verbindung gesetzt mit dem Herrn Fitz, gebeten, dass er mir das zeigt Nach vielen Überlegungen von ihm hat er es mir dann im Jahre 2002 gezeigt. 2002  im Frühjahr und im Herbst und im Oktober ist er dann gestorben. Also es war 5 vor 12, dass wir diese Tracht noch erhalten konnten.

Knopflochmaschine

Knopflochmaschine – Foto: Monika Modersitzki

Martina Mätzler
Wir fahren in der Juppenwerkstatt zweigleisig. Einmal die Herstellung von der Juppe selber und dann haben wir auch noch ein Museum. Wir kaufen immer wieder schöne Stücke an. Die kommen bei uns dann ins Depot.

Ich bin der Anschauung: Wir sollten nachhaltig arbeiten und vor allem auch für die Jugend Vorbild sein. Dass man schauen kann, wie schöne Stücke man früher gehabt hat. Und gerade diese konservatorischen Sachen sind einfach ganz wichtig. Und was ich mir auch in den Kopf gesetzt habe, ist eine Schappale  Sammlung. Hier habe ich  Oberösterreich als Vorbild genommen, die haben Hauben Sammlungen. Ich möchte,  bis ich in Pension gehe, eine schöne Schapalle Sammlung. Wir haben jetzt schon 15 Stück. Das älteste ist um 1800 hergestellt worden und bis in die heutige Zeit. Wir haben was Wunderschönes: Zeitzeugen.

Martina Mätzler
Das ist das Schöne in der Juppenwerkstatt ist, dass wir gute, sehr gute Mitarbeiter haben, die wirklich dazu schauen, dass die Juppenwerkstatt immer wieder auf dem auf dem neuesten Stand ist. Und dass sie solidarisch mitarbeiten. Und das ist für mich etwas ganz Wichtiges. Und wie wir heute schon gesagt haben: Wenn wir zusammen kommen in der Früh, dann wird ein Kaffee getrunken und dann kann man alles besprechen, also der Tagesablauf. Und das ist auch etwas sehr Positives.

Monika Modersitzki
Was sagen die Leute, wenn die Stoffe auf dem Rasen liegen? Wundern sie sich manchmal?

Marlene Simma
Ja, sie wundern sich schon. Auch im Bregenzerwald ist es nicht total bekannt, dass das so ausgelegt wird und viel Arbeit gibt. Das können sich die Trägerinnen –  nicht die Hälfte davon –  vorstellen, wie das gemacht wird. Der Rasen muss eine gewisse Höhe haben. Wir sagen immer 7 cm, weil beim letzten Mal – es wird ungefähr viermal getunkt und aufgelegt  –  beim letzten Mal ist der Stoff dann schon ziemlich schwer im Verhältnis zum ersten Mal, und dann drückt das richtig auf die Wiese. Und dann kannl unten Schmutz oder Dreck sein. Das kommt dann innen auf die Juppe und das möchten wir nicht.

Monika Modersitzki
Wenn Sie hier arbeiten, was finden Sie so toll?

Marlene Simma Erstens haben wir ein super Team miteinander. Das ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Und was für mich besonders interessant ist: Man kann das immer auf dieselbe Art machen aber das Ergebnis ist nie gleich. Man merkt dass man mit Natur arbeitet, mit Naturmaterialien, und dass da viele Faktoren eine Rolle spielen, aber die kann man nicht unbedingt vorher festlegen oder beeinflussen. Das ist dann einfach so.

Monika Modersitzki
Und ist das schon mal total danebengegangen?

Marlene Simma
Das gibt es auch

Monika Modersitzki
Liegt das dann am Trocknen draußen?

Marlene Simma
Meistens ist es am Leder gelegen weil es Kunstleder war.

Monika Modersitzki
Woher bekommen Sie das Leder?

Marlene Simma
Bisher haben wir es aus Italien bekommen- Stanzleder, Schuhleder. Das sind Abfälle, ganze Felle verwenden wir nicht. Das sind nur Abfälle und wenn das nicht Natur ist, kann es passieren, dass das danebengeht. Das Kunstleder gibt nicht die richtige Appretur.

Martina Mätzler
Man steht zur Tracht und unsere Tracht ist so was Elegantes und Schönes. Es wurde kaum in der Form etwas geändert. Nur immer wieder modern gemacht: Der 8 cm breite Bändel ist dann auf 3,6 cm heruntergekommen. Nach dem Krieg wurden Ripsbänder bestickt, weil man keinen Samt mehr bekommen hat. Aber man ist immer zur Tracht gestanden. Und was auch ein ganz großer Einfluss war: Diese Trachtenerneuerung hat bei uns kaum Fuß gefasst. Vor allem nicht  im Bregenzerwald.

„Und ich glaube, dass hier schon auch das Bewusstsein von Schönheit mitspielt, weil: Unsere Tracht ist einfach elegant und schön.“

Martina Mätzler

juppenwerkstatt

Juppenwerkstatt Riefensberg – Werkstatt und Museum
Foto: Monika Modersitzki

Knopflochmaschine

Knopflochmaschine
Foto: Monika Modersitzki